Mit Vollgas in den Klimakollaps: Warum die km/h-Zahl entscheidend ist
Ausgabe 3 – Der Impact-Newsletter gegen Doomscrolling von fph
1. Was sollten wir wissen?
Ein Newsletter gegen Doomscrolling sollte vielleicht nicht so beginnen: Wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu – und das einzige, was wir noch ändern können, ist die Geschwindigkeit beim Aufprall.
Der zweite Teil dieser Botschaft ist aber wichtig und viel hoffnungsvoller, als er zunächst klingt: Es macht nämlich einen erheblichen Unterschied für die Überlebenswahrscheinlichkeit der Insassen, ob sie mit 50 oder mit 200 km/h auf eine Wand zusteuern. Der Vergleich ist gar nicht mal so weit hergeholt, weil nicht nur Verletzungen bei einem Verkehrsunfall mit der Geschwindigkeit überproportional zunehmen, sondern auch die Folgen des Klimawandels mit jedem zehntel Grad. Die Auswirkung von 1,6 Grad durchschnittlicher globaler Erwärmung statt 1,5 Grad sind viel, viel geringer als der Unterschied zwischen 1,9 Grad und 1,8 Grad.
Es kommt also auf jedes Zehntelgrad an – und hier lautet die positive Botschaft: Um wie viel wir das 1,5-Grad-Ziel verfehlen werden, darauf haben wir als Menschheit immer noch sehr großen Einfluss. Und die Nachrichten, dass die Abmilderung der Klimakatastrophe am Ende vor allem eine Frage des politischen Willens ist, häufen sich. Denn: Technologien, die ohne Wohlstandsverlust enorme Emissionseinsparungen ermöglichen, sind vorhanden.
Grafik: EPA.gov
Die entscheidenden Handlungsfelder sind dabei:
Heizen, Strom und Energie in jeder Form
Verkehr und Transport
Landwirtschaft und Ernährung
Die Errichtung von Gebäuden
Auch, was passieren muss, ist klar:
Massiver Ausbau globaler erneuerbarer Energien und Elektrifizierung industrieller Prozesse so weit wie möglich. Alles, was nicht elektrifiziert werden kann, muss auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Durch mehr Intelligenz in den Netzen können wir diesen Prozess massiv beschleunigen und günstiger machen.
Eine grüne Verkehrswende mit deutlichen Anreizen für klimafreundliche Verkehrsmittel vom Fahrrad bis zum Zug. Was vom Individualverkehr noch übrig bleibt, muss so weit wie möglich elektrifiziert werden.
Deutlich mehr alternative, pflanzliche Proteine statt Fleisch und Milchprodukte, die mit massiven Emissionen, Landflächen- und Wasserverbrauch einhergehen.
Klimafreundliche Alternativen vor allem zu Beton.
Überall gibt es Fortschritte. Diese sind zwar noch langsam, beginnen aber, sich zu beschleunigen.
Grafik: EPA.gov
Beispiel China: Hier hat ein beispielloser Boom erneuerbarer Energien begonnen. Nach einem weiteren Rekordausbau bei Solar- und Windkraft wird trotz des Wirtschaftswachstums und einem anhaltenden Produktionsboom das Land 2024 laut einer aktuellen Analyse erstmals seine Emissionen senken können. China ist derzeit der mit Abstand größte Emittent von Klimagasen weltweit. Pro Kopf allerdings liegen die USA und Europa weit davor.
Was war los bei OpenAI?
OpenAI ist mit seinem Chat-Bot ChatGPT das derzeit bekannteste und technologisch wohl am weitesten entwickelte Large Language Modell – ein Bot, der sehr menschenähnliche Textnachrichten verfassen kann, die deshalb allerdings noch lange nicht korrekt sind. Freitagabend deutscher Zeit platzte die Bombe: CEO Sam Altman soll gehen. Er gilt als das unternehmerische Mastermind hinter OpenAI.
Der Grund laut der gut vernetzten Tech-Reporterin Kara Swisher: Altmans Kurs war dem Board zu kommerziell, die Geschwindigkeit der Entwicklung zu hoch. Das Besondere an der Struktur des Unternehmens: der kommerzielle Arm von OpenAI gehört einem nicht-kommerziellen Unternehmen. Resultat dieses Konstrukts: De facto wird das berühmteste KI-Unternehmen der Welt von einem vierköpfigen Board of Directors gelenkt. Hauptinvestor Microsoft, dessen Anteil an OpenAI wie der anderer kommerzieller Investoren absichtlich begrenzt ist, wurde von der Entscheidung überrascht und arbeitet offenbar daran, sie rückgängig zu machen.
Noch ist unklar, wie es weitergeht. Laut Medienberichten haben viele Mitarbeitende dem Board ein Ultimatum gesetzt: Entweder Sam Altman kommt zurück, oder wir gehen. Einige Medien berichten von einem bevorstehenden Wechsel zu Investor Microsoft. Eins macht das KI-Erdbeben klar: In einem Markt wie Künstlicher Intelligenz, in dem sehr vieles an einzelnen Talenten und qualifizierten Mitarbeitenden hängt, verschieben sich die Machtverhältnisse weg von Investoren und Gremien wie dem Board zu Visionären und den Menschen im Unternehmen, die loyal zu ihnen sind. Einen guten Zwischenstand dazu, was bislang passiert ist, findet ihr bei Axios.
Startup-Beteiligungs-Bedingungen in Deutschland: von ganz schlecht zur Spitze
Deutliche Worte des Lobes von Index Ventures, einem der führenden Wagniskapitalgeber weltweit, auf LinkedIn (Übersetzung von mir): „Der Deutsche Bundestag hat soeben das #Zukunftsfinanzierungsgesetz verabschiedet. Vorausgegangen war die unermüdliche Arbeit des Index-Teams, von Startup-Gründer*innen und Befürwortern der von Index geführten #NotOptional-Kampagne und der #ESOPasap-Kampagne des Deutschen Startup-Verbandes“, schreibt der amerikanische VC. „Die neue Regulierung katapultiert Deutschland in die Position, eines der besten Mitarbeiterbeteiligungssysteme weltweit zu haben. Damit ist Deutschland in einer weitaus stärkeren Position, um die besten Talente anzuziehen, die für den Aufbau weltweit führender Unternehmen und den globalen Wettbewerb benötigt werden.“ Mehr Infos gibt es bei CNBC und einer Stellungnahme des Bitkom.
Klima-Hack: Wälder in Ruhe lassen
Eine aktuelle Nature-Studie, über die Spektrum der Wissenschaft berichtet, könnten Wälder als Ökosysteme weit mehr CO2 speichern, wenn wir sie nur ließen. Das einzige, was wir dafür tun müssten: sie komplett in Ruhe lassen. So könnten sie nämlich das Zehnfache an Kohlenstoff speichern. „Würde man alle bestehenden Wälder der Welt, die abseits dicht besiedelter Gebiete liegen, in ihren natürlichen, ungestörten Zustand versetzen, entzöge dies der Atmosphäre rund 139 Gigatonnen Kohlenstoff. Das entspricht etwa dem 14-Fachen dessen, was die Menschheit jedes Jahr an Kohlenstoff in Form von CO2 emittiert“, schreibt Spektrum.
Was bringt Carbon Dioxide Removal (CDR)?
Alle Szenarien des Weltklimarats IPPC, in denen die Klimaerhitzung auf ein halbwegs erträgliches Maß reduziert wird, gehen davon aus, dass die Menschheit Wege findet, einmal emittiertes CO2 in größerem Maße wieder einzufangen – sogenanntes Carbon Dioxide Removal (CDR) oder negative Emissionen. Die Herausforderungen dabei: Nicht bei allen Methoden stehen eingesetzte Ressourcen und Energie im Verhältnis zum CO2, das aus der Luft entfernt wird. Ausführlich über Sinn und Unsinn von CDR berichtet Larissa Skarke, Expertin bei unserem Kunden World Fund im Tagesspiegel-Gastartikel.
Der Verbrenner ist nicht tot, er riecht nur schlecht
In der Autoindustrie ist längst angekommen, was in der deutschen Politik immer noch nicht alle begriffen haben: der Verbrennungsmotor hat im Individualverkehr keine Zukunft. Selbst, wenn er mit sogenannten E-Fuels befüllt würde, ist er einfach zu ineffizient. Den grünen Wasserstoff brauchen wir an anderer Stelle – nämlich für Industrieprozesse, die sich nicht elektrifizieren lassen – dringender. Schön auf den Punkt gebracht hat das mal der damalige VW-Chef Herbert Diess bei Markus Lanz. „Warum nicht Auto? Weil es einfach zu teuer ist.” Gegenüber dem E-Auto brauchen die E-Fuel-Pkw mindestens dreimal so viel Energie.
BMW verkündete vergangene Woche, dass nach 60 Jahren der letzte Verbrenner in Deutschland vom Band gelaufen ist. Am Standort München werden künftig nur noch E-Autos produziert. Und auch Mercedes-Benz setzt weiter auf Elektromobilität: Der Stuttgarter Autobauer stellt auf Elektro only bei den Dienstwagen um.
War sonst noch was?
Fleischersatzprodukte waren lange deutlich teuer als die Originalprodukte. Doch Discounter haben die Preise gesenkt und arbeiten außerdem daran, ihr Sortiment stark auszubauen. (Tagesschau)
Mit Windkraft aus den Schulden. Heidenrod im Taunus war hoch verschuldet. Jetzt betreibt der Ort einen Windpark und saniert damit die Kasse. (energiewinde.orsted.de)
Besserer Zugang zu eigenen Daten: Ein Gesetz in der Europäischen Union soll künftig regeln, wie die großen Datenmengen vernetzter Geräte wie Autos oder smarter Haushaltsgeräte genutzt werden können. (Golem)
Europas führender Quantencomputerhersteller IQM sieht den Quantenvorteil – der Zeitpunkt, an dem einzelne Aufgaben schneller und effizienter mit einem Quantencomputer als mit einem klassischen Computer berechnet werden kann – in greifbarer Reichweite. (elektroniknet.de)
Der Linux-Desktop GNOME wurde vom staatlichen deutschen Sovereign Tech Fund als öffentliche Infrastruktur anerkannt und bekommt 1 Million Euro. (omgubuntu.co.uk)
2. Wie wollen wir leben?
Grunderbe für mehr Gerechtigkeit?
Auf eine interessante Politik-Idee verweist der SPIEGEL (Paywall): Ein Grunderbe – also ein hohes Startkapital für alle, bezahlt vom Staat – könnte die Ungleichheit in Deutschland laut Forschenden deutlich reduzieren. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), schlägt ein solches Grunderbe vor – insbesondere auch angesichts des enormen Ost-West-Gefälles bei den Erbschaften in Deutschland. „Alle 18-Jährigen sollen bis zu 20.000 Euro als Startkapital vom Staat bekommen“, sagte Schneider der Rheinischen Post. Finanziert werden solle dies durch eine höhere Erbschaftsteuer.
ESG für mehr Wachstum
Unternehmen, die ESG-Kritererien für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung richtig umsetzen, treiben ihr Wachstum, sagt Nils Krause, Partner der Wirtschaftsanwaltskanzlei DLA Piper im Tagesspiegel. Vor allem wird das Image der Unternehmen verbessert. „Je größer das Unternehmen ist und je stärker es in der Öffentlichkeit steht, umso größer ist dieser Effekt. [...] Es scheint ein psychologisches Phänomen darin zu bestehen, dass Kundinnen und Kunden der Auffassung sind, dass Unternehmen mit ESG-Ansätzen auch gute Produkte herstellen.“
Paris lässt über höhere Parkgebühren für besonders große und schwere SUV abstimmen.
3. Wo gibt es Fortschritte?
Wie eingangs erwähnt ist die Bauindustrie neben Energie, Verkehr und Landwirtschaft eine der großen Stellschrauben für Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden allein durch die Zementherstellung verursacht. Das US-Startup Sublime Systems will die Zementproduktion elektrifizieren und ganz auf den Brennofen verzichten, der den energie- und fossilintensivsten Teil des Zementherstellungsprozesses darstellt.
Auch beim Thema klimaneutrale Industriewärme gibt es Fortschritte, wie Catiana Krapp vom Handelsblatt (Paywall) berichtet: Wärmespeicher können nicht nur CO2-Emissionen einsparen, sondern auch Geld. In der belgischen Gemeinde Turnhout reflektieren rund zweitausend Spiegel Sonnenstrahlen, um Wärme für den Verpackungshersteller Avery Dennison zu liefern. Betongefüllte Stahlrohre speichern überschüssige Hitze und geben sie nachts wieder ab.
Fortschritte kurz & bündig
Mit 110 Maßnahmen und 3 Milliarden Euro Investitionen will die Stadt Duisburg klimaneutral werden. (ZfK, Paywall)
Neben pflanzlichen Proteinen könnten auch Proteine aus Insekten erheblich zum Klimaschutz beitragen. Zahlreiche Unternehmen sind in das Rennen eingestiegen, die weltweit größte Insekten-Farm zu errichten. (Washington Post, Paywall)
Intelligente Algorithmen könnten nicht nur dabei helfen, das Stromnetz stabil zu halten, sondern auch die Kosten deutlich senken. (Handelsblatt, Paywall)
Google strebt Netto-Null-Emissionen nicht mehr nur für das eigene Unternehmen, sondern für die gesamte Wertschöpfungskette an. (Golem)
Der Bundestag wird voraussichtlich dem sogenannten Freiheitsgesetz für die deutsche Agentur für Sprunginnovationen @SPRIND von @Raphael Laguna zustimmen, die damit gestärkt wird. Sie hat das Ziel, aus Forschung Sprunginnovationen zu machen – also Unternehmen und Produkte, die wie beispielsweise das Internet nicht nur eine evolutionäre Weiterentwicklung sind, sondern Entwicklungssprünge ermöglichen, die anderen Innovationen den Weg ebnen. (Leipziger Zeitung)
Ultraweiße Keramik soll Gebäude sehr effizient kühlen. (Golem)
Großbritannien lässt weltweit erste Crispr-Gentherapie für die gefürchtete Erbkrankheit Sichelzellenanämie zu. (SPIEGEL)
Fast eine Woche lang deckte das 10-Millionen-Einwohner-Land Portugal den gesamten Strombedarf des Landes mit Wind-, Wasser- und Sonnenenergie – ein Testlauf für den Betrieb des Netzes ohne fossile Energie. (Canary Media)
Uruguay hat das sogar vier Monate am Stück geschafft. (The Progress Playbook)
Der mit Abstand größte Batteriespeicher Europas mit 275 MWh Kapazität wurde im Süden Niedersachsens genehmigt. Ab 2025 soll er das Stromnetz und die Strompreise stabilisieren. (Heise Online)
Goldman Sachs: Die Preise für E-Auto-Akkus fallen schneller als erwartet
Ähnliche Entwicklung bei Solarzellen: Chinesische Modulpreise erreichen Rekordtief – Produktionsauslastung bei geschätzt 60 Prozent (PV Magazin)
Volvo Trucks hat einen Elektro-Lkw für Schwertransporte an ein Transportunternehmen in Göteborg (Schweden) geliefert. Der Lkw kann ein Gesamtgewicht von 74 Tonnen bewältigen. (Pressemitteilung Volvo)
4. Fundstücke der Woche
Veteranen des Web 2.0 werden sich noch an das kürzlich geschlossene Omegle erinnern – ein (Video-)Chat mit einem zufällig ausgewählten, anonymen Chatpartner. Irgendwann waren dort fast nur noch Penisse zu sehen. Derzeit macht eine neue Website die Runde, die das technisch verhindert. Bei stranger.video schauen sich zwei zufällige Chatpartner so lange in die Augen, bis einer blinzelt.
Für manche ist die KI-Chat-Software ChatGPT nichts weiter als ein „stochastischer Papagei“, der das Internet nachplappert. Der Informatiker Alan Blackwell von der Cambridge-Universität bringt eine neue Bezeichnung ins Spiel: Bullshit-Generator.
Ich habe ChatGPT gefragt, was es von dieser Klassifizierung hält, und die Software schien nicht einverstanden zu sein. Sie schiebt die Schuld auf die Fragenden, sollte es einmal nicht korrekt antworten:
Nein, ChatGPT ist kein "Bullshit-Generator". Es handelt sich um ein fortschrittliches Sprachmodell, das von OpenAI entwickelt wurde. Es basiert auf der GPT-3.5-Architektur (Generative Pre-trained Transformer 3.5) und wurde darauf trainiert, auf natürliche Weise menschenähnlichen Text zu generieren. Das Modell wurde aufgrund einer breiten Palette von Daten trainiert und kann in verschiedenen Anwendungen wie Textverständnis, Textgenerierung und Konversationsverständnis eingesetzt werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass ChatGPT von den Eingaben abhängig ist, die es erhält. Wenn Sie präzise und klare Fragen stellen, sollte die Antwort entsprechend sein. Wenn die Fragen vage oder unklar sind, kann die Antwort möglicherweise nicht den gewünschten Informationsgehalt haben.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ChatGPT kein eigenes Verständnis oder Wissen hat und lediglich auf vorher gesehene Daten basiert. Es kann Informationen aus einer breiten Palette von Quellen wiedergeben, aber es ist nicht immun gegen Fehler oder das Generieren von irreführenden Informationen, wenn die Eingabe nicht präzise ist.
Wenn Sie spezifische Fragen haben oder Hilfe zu einem bestimmten Thema benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.