Heute will ich mal über eine der guten Nachrichten schreiben, die wie viele gute Nachrichten medial wenig vorkommt: Wir trinken immer weniger Alkohol – und das gilt insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene. Verbrauchte jeder Deutsche über 15 Jahren im Jahr 1980 laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) im Schnitt noch 15,1 Liter reinen Alkohol, wurde es seitdem kontinuierlich weniger. 2020 wurde das neue Rekordtief von 10 Liter pro Kopf erreicht.
Im internationalen Vergleich ist das immer noch viel: Der durchschnittliche Alkoholkonsum in Deutschland war 2019 nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Doch insbesondere unter Jugendlichen nimmt die Zahl der Alkoholvergiftungen immer weiter ab – genauso wie regelmäßiges Trinken insgesamt. Auch in den USA nimmt der Konsum von Alkohol und Zigaretten unter High School Seniors seit Jahrzehnten immer weiter ab.
Nüchtern liegt im Trend: Der Anteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die gar nicht mehr konsumieren, wächst, zitiert die Nachrichtenagentur KNA den Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Grundsätzlich werde Alkohol zurückhaltender getrunken. „Vor 30 Jahren war es ganz normal, dass Handwerker einen Kasten Bier mit zur Baustelle gebracht haben.“
In München hat vor kurzem der erste alkoholfreie Biergarten der Stadt aufgemacht; in Berlin gibt es seit 2021 einen Späti, der nur Nullprozentiges verkauft. Auch die Industrie reagiert darauf in Deutschland. Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) schätzt, dass alkoholfreie Biere bald zehn Prozent des deutschen Biermarktes ausmachen werden – aktuell sind es acht Prozent. Laut dem Deutschen Weininstitut ist der Absatz von alkoholfreiem Wein im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent gewachsen – allerdings noch auf geringem Niveau.
Das alles sind gute Nachrichten, weil die enorme Schädlichkeit insbesondere von Alkohol immer deutlicher wird. Nachdem die DHS im Oktober 2023 bereits die Empfehlung für Alkohol auf völlige Abstinenz geändert hatte, da jeder Konsum große Risiken birgt, hat jetzt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nachgezogen und ihre Empfehlung an die aktuelle Forschungslage angepasst: Es gibt keine risikofreie Menge Alkohol. Schon 2012 kam eine britische Studie zu dem Ergebnis, dass Alkohol gefährlicher ist als Heroin und Crack, wenn man nicht nur die Auswirkungen der Droge selbst, sondern auch die Auswirkungen auf Gesellschaft und Umfeld miteinbezieht. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch Alkohol in Deutschland wurden 2020 auf rund 57 Milliarden Euro geschätzt. Zum Vergleich: Die Einnahmen durch die Alkoholsteuer betrugen 2023 2,2 Milliarden Euro.
Wenn du selbst das Gefühl hast, ein Problem mit einer Sucht zu haben– egal ob substanzbezogen wie bei Alkohol oder stoffungebunden wie eine Spielsucht – sind die zahlreichen Suchtberatungsstellen in Deutschland ein guter erster Anlaufpunkt, die es in allen größeren deutschen Städten gibt. Ein Anlaufpunkt kann beispielsweise die bundesweite Sucht-&-Drogen-Hotline der Drogennotrufe aus Frankfurt und München unter 01806 313031 (20 Cent pro Anruf aus dem Festnetz und aus dem Mobilfunknetz) sein. Viele Städte haben auch eigene Drogen- und Krisen-Hotlines – in Berlin beispielsweise über die Bezirke organisiert.
Zuletzt noch eine Podcast-Empfehlung rund um das Thema Sucht und Drogen: Psychoaktiv von der Suchtherapeutin Stefanie Bötsch – wissenschaftlich fundiert, empirisch, pragmatisch und gleichzeitig auch immer vorsichtig offen für Ansätze abseits der aktuellen Mainstream-Theorien. Psychoaktiv hat unter anderem eine Podcast-Folge zu der Frage, wo es Hilfe gibt.
Was sollten wir wissen?
Seit dem 1. August sind alle natürlichen Ressourcen der Erde für dieses Jahr aufgebraucht – der sogenannte Earth Overshoot Day. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sieht aber Anzeichen für eine Trendwende. (Tagesschau)
Die Neuauflage der Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE zu den Stromerzeugungskosten verschiedener Kraftwerke belegt, dass Photovoltaik-Anlagen mittlerweile auch in Kombination mit Batteriespeichern deutlich günstiger Strom produzieren, als Kohle- oder Gaskraftwerke. (Fraunhofer ISE)
Der Bestsellerautor Anders Indset argumentiert, dass Deutschlands Problem in naher Zukunft sein könnte, dass Strom zu günstig wird, was den wirtschaftlichen Anreiz zur Weiterentwicklung und Innovation mindern könnte. Er betont, dass niedrige Strompreise zu einer Übernutzung und zu Ineffizienzen führen könnten, anstatt nachhaltige und effiziente Energienutzung zu fördern. Zudem warnt er davor, dass zu billiger Strom die Wettbewerbsfähigkeit langfristig gefährden könnte, wenn Deutschland nicht rechtzeitig auf die richtigen Technologien wie Smart Grids und Geschäftsmodelle wie dynamische Tarife setzt. (FOCUS)
Gemeinsam mit internationalen Behörden und Organisationen aus Polizei und Justiz ist Baden-Württemberg ein Schlag gegen ein höchst professionell agierendes Betrüger*innennetzwerk gelungen. Die Ermittler haben so in rund 6.000 Fällen einen Schaden von insgesamt rund zehn Millionen Euro verhindert. (Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg)
Der Biontech-Partner MediLink Therapeutics kann eine klinische Studie mit einem neuen Krebsmedikament nach Sicherheitsbedenken der US-Arzneimittelbehörde FDA und einem einstweiligen Stopp fortsetzen. (n-tv)
Der Forscher David Keith befürwortet die Idee des Solar-Geoengineerings, bei dem Schwefeldioxid in die Stratosphäre freigesetzt wird, um die Sonneneinstrahlung zu reduzieren und die Erderwärmung zu verlangsamen. Trotz der potenziellen Risiken, wie unvorhergesehene Klimaauswirkungen und ethischen Bedenken, argumentiert Keith, dass die Vorteile für den Klimaschutz, insbesondere in ärmeren Ländern, größer seien als die Gefahren. (New York Times)
Nach einer Auswertung von ImmobilienScout24 erhöhen Häuser mit einer Wärmepumpe oder einer Solaranlage ihren Wert deutlich. Im Schnitt erhöht sich der Verkaufspreis um bis zu 43 Prozent. (Handelsblatt)
Zum ersten Mal waren mehr als die Hälfte der in China verkauften Autos im Juli elektrisch. Der Anteil von Fahrzeugen mit neuer Energie, einschließlich hybrider Fahrzeuge, an den Verkäufen erreichte im Juli ein Rekordhoch von 51,1 Prozent. (CarbonBrief)
Laut einer Umfrage der Europäischen Beobachtungsstelle für alternative Kraftstoffe erwägen 57 Prozent der europäischen Nicht-Elektroauto-Fahrer den Kauf eines Elektroautos in naher Zukunft. In Deutschland planen 37 Prozent der Befragten, innerhalb der nächsten fünf Jahre auf ein Elektrofahrzeug umzusteigen. (Ecomento) In Deutschland sind vor allem Jüngere offen für den E-Auto-Kauf: Laut ADAC-Umfrage planen rund 29 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, dass ihr nächstes Auto ein Elektroauto sein wird. (Elektroauto-News)
Die SARS-CoV-2-Impfungen wirkten noch besser als bisher angenommen. In 34 von 55 europäischen Ländern und Regionen haben sie die Covid-19-Sterblichkeit um 59 Prozent gesenkt. Das hat die erste retrospektive Studie mit realen Daten ergeben, die jetzt im medizinischen Fachblatt „Lancet Respiratory Medicine“ erschienen ist. (ORF)
Falls dein Unternehmen überflüssige Laptops, Smartphones oder Tablets besetzt, kann es sie an ukrainisch Gesundheitsarbeiter*innen, Lehrer*innen oder Studierende verschenken. Auch ukrainische Kultureinrichtungen bitten Organisationen und andere EU-Institutionen um Hilfe bei der Erhaltung ihrer durch den Krieg gefährdeten Sammlungen. (LaptopsForUkraine)
Die Versorgung Deutschlands mit Strom vornehmlich, wenn auch nicht exklusiv, aus Wind und Sonne wäre bereits mit bestehender Technik umsetzbar, schreibt Golem in einer Analyse. Dabei gibt es kaum Flächenverbrauch und die Stromkosten dürften sogar sinken. (Golem)
Aktuell liegen die Börsenpreise für Strom unter Vorkriegsniveau. (Umweltministerium Baden-Württemberg bei X)
In einem Interview bekennt sich Porsche-Chef Oliver Blume zur Elektromobilität: „Die Elektro-Technologie ist dem Verbrenner hoch überlegen.“ (Die Welt, Paywall)
Die USA haben ein Problem mit heißem Stahl: Eisenbahnen, Straßen, Stromleitungen, Batterien – sie alle leiden unter der Hitze des Klimawandels. (The Atlantic)
Wie wollen wir leben?
Das Recht auf Reparatur kommt: Geräte sollen künftig einfacher repariert werden lassen. Das EU-weite Recht gilt ab 2026 − aber nicht für alle Geräte. (Nordkurier)
Mobilitätswende in Hamburg: Die Louise-Schroeder-Straße in Altona ist nicht mehr wiederzuerkennen. Breitere Geh- und Radwege, 3.700 Quadratmeter entsiegelte Fläche, 71 Bäume und ökologische Grünflächen verbessern die Lebensqualität. (Anjes Tjarks auf X)
Ebenfalls in Hamburg gibt es immer mehr Elektrotaxis. Und schon in einigen Jahren soll die Flotte weitgehend elektrifiziert sein. Denn die Stadt hat nun das Aus für Taxis mit Verbrennermotor beschlossen. (NDR)
Der Zuschuss für eingespeisten Solarstrom war zu seiner Einführung ein sinnvolles Instrument. Inzwischen hat es sich aber längst überholt – denn PV-Anlagen rentieren sich auch komplett ohne Förderung, schreibt Sarah Müller, Geschäftsführerin von unserem Kunden zolar. (Tagesspiegel Background)
Die britische Labour-Regierung plant, eine 195 Kilometer lange Hochspannungsleitung zu genehmigen, um grüne Energie von Schottland nach England zu transportieren. (The Guardian)
Mal schnell Zigaretten holen - in den Niederlanden nicht leicht: Selbst in Läden dürfen Tabakwaren nicht sichtbar sein, jegliche Werbung ist untersagt. Ein Vorbild für Deutschland? (Tagesschau)
Kayak-Fahren und dabei was Gutes tun? An der Nalepastraße in Berlin können sich Interessierte kostenlos ein Kayak leihen. Bezahlt wird nur mit Müll, der aus Spree gefischt und zurückgebracht werden soll. (RBB)
Der massive Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne hat Folgen für das Stromsystem. Wirtschaftsminister Robert Habeck plant nun umfassende Reformen. (WiWo)
Beim Ausbau der Windenergie an Land geht es voran, die Gebote für die Ausschreibungen für neue Windräder sollen so hoch sein wie noch nie. Auch mit einer anderen Maßnahme will Wirtschaftsminister Robert Habeck künftig Schwankungen bei der Stromerzeugung ausgleichen. Das Land sieht er bei den Klimaschutzzielen „erstmals auf Zielkurs“. (RND)
Wo gibt es Fortschritte?
Solaranlagen in Deutschland haben im Juli 2024 9,5 TWh Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist – ein neuer Rekord. (Bruno Burger bei X)
Vermutlich lassen sich ein Fünftel bis ein Viertel aller Demenzerkrankungen durch eine Zosterimpfung vermeiden. Neue Studien liefern robuste Hinweise auf eine kausale Schutzwirkung der Impfung und zeigen auch, wie das Virus Protein im Gehirn verklumpen lässt. (Springer Medizin)
Die Bundesnetzagentur wird voraussichtlich bis Mitte September dem geplanten 10.000 Kilometer umfassenden Wasserstoff-Kernnetz zustimmen, das teilweise bestehende Erdgasleitungen nutzen wird. (MDR)
Neben Injektionen könnten auch Nasensprays wirksam gegen Corona sein. Eine Studie an Hamstern zeigt nun, dass Impfstoffe für Nase und Mund eine Übertragung von Atemwegsinfektionen stoppen. (Tagesschau)
Künstliche Intelligenz bringt Wettervorhersagen voran: Die KI sagt globale Wettermuster mit neuer Geschwindigkeit und Präzision voraus und erledigt in Minuten und Sekunden, was früher Stunden dauerte. (New York Times)
Rotorblätter aus Holz sind zu 100 Prozent recyclebar und könnten die Windenergie-Erzeugung deutlich nachhaltiger machen. Ein nordhessisches Startup hat die Rotorblätter jetzt erstmals an einer Windkraftanlage in Breuna montiert. Kann Holz dieser Belastung standhalten? (hessenschau)
Das Meer bietet viel Energie, die in elektrischen Strom umgewandelt werden kann. Künftig soll der Atlantik die portugiesische Hafenstadt Porto versorgen. (Golem)
Samsung kündigt die Serienproduktion eines Feststoff-Akkus an, der einen Turbo für E-Autos zünden könnte. Die Batterie soll 20 Jahre halten, Reichweiten von mehr als 900 Kilometern ermöglichen und in nur neun Minuten geladen sein. (n-tv)
Forschende der Universität Oxford haben einen Ansatz entwickelt, mit dem immer mehr Solarstrom erzeugt werden könnte, ohne dass dafür Solarzellen auf Siliziumbasis benötigt werden. Stattdessen beschichten sie die Oberflächen von Alltagsgegenständen wie Rucksäcken, Autos und Mobiltelefonen mit einem neuen stromerzeugenden Material. (University of Oxford)
An der Berliner Charité wird eine neuartige Zelltherapie gegen Autoimmunerkrankungen erprobt. Wenn sich die ersten Erfolge bestätigen, könnten Leiden wie Rheuma oder Multiple Sklerose heilbar werden. (DER SPIEGEL, Paywall)
Forschende haben den Abfallbeseitigungsprozess des Gehirns bei alternden Mäusen wiederhergestellt und damit eine mögliche neue Behandlung für Alzheimer und Parkinson mit bestehenden Medikamenten ermöglicht. (ScienceDaily)
Forschende haben einen neuen Rekord für das stärkste pulsierende Magnetfeld in einem Laborumfeld aufgestellt. Das ist ein wichtiger Durchbruch der Quantenforschung und könnte den Weg für Innovationen in Bereichen wie Energieerzeugung und Medizintechnik ebnen. (Interesting Engineering)
Mega-Stromspeicher soll Meppen zur Energie-Drehscheibe machen: Ein neuer Stromspeicher im Emsland soll die Energiesicherheit erhöhen. Riesige Batterien sollen Windstrom für mehr als 100.000 Haushalte aufnehmen. (NOZ, Paywall)
Fundstück der Woche: Was sind eigentlich Solarpunks?
Jede Zeit hat ihre Punks: Auf die Hippie-Bewegung folgten in den 1970ern die originären, lauten, rebellierenden, saufenden, lauten Punks. In den 1980ern der Cyberpunk als Rebell gegen die Übermacht großer Konzerne und in den 1990ern die Cypherpunk-Bewegung, die sich gegen die drohende allumfassende digitale Überwachung wehrte.
Die aktuelle Inkarnation des Punks, so der Politikwissenschaftler Michael Blume bei SciLogs, sei der post-fossile Solarpunk. Der Solarpunk strebt nach einer Welt, die durch erneuerbare Energien, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit geprägt ist. Während die originären Punks sich noch über naive Frieden-und-Liebe-Hippie-Communities lustig machten, rebellierten die Solarpunks gegen den verhärteten Individualismus unserer Zeit.
Grafik: Michael Blume mit Leonardo.AI
Der Impact-Newsletter ist ein Angebot von fph, einer PR-Beratung für Impact- und Impact-Tech-Unternehmen – gegründet von den beiden Ex-Journalisten Stephan Dörner und Stefan Mauer.
Ihr könnt fph auf folgenden Kanälen folgen: